Nachdem ich mir gestern etwas den Frust hinsichtlich der Schneelage von der Seele schreiben konnte, freute ich mich heute auf einen Sightseeing-Tag durch Otaru.
Am Morgen fand ich ein wenig Zeit das Hostel zu dokumentieren, bevor vom Stadtrand aus durch zwei Zentimeter Neuschnee gestapft wurde.
Mit Hilfe meines temporär besten Freundes, Google Maps, legte ich mir eine kleine Route aus Kanal, Schreinen und Märkten zurecht, die mich über den Vormittag gut beschäftigen sollte.
Erst heute war zu bemerken, dass die Stadt bis 11:00 vormittags wirkt, als wäre sie im Tiefschlaf. An einem Werktag war ich beinahe völlig allein unterwegs, Geschäfte sperren hier erst gegen
zehn, einige sogar erst gegen elf auf und so war, bis auf eine kleine Touristengruppe, am Kanal kaum jemand anzutreffen. Dem Wasser folgend erkundete ich die Hafengegend und zog eine
Schleife über den Stadtrand zurück Richtung Zentrum. An einem Fischmarkt vorbei, rein ins erste "Museum", das sich als historisches Gebäude mit einer Riesenauswahl an Spieluhren, die den Ort
mit ziemlicher Sicherheit in irgendeiner Form kulturell prägten, herausstellte. Alles funkelte und glitzerte, hunderte Menschen waren auf den drei verwinkelten Etagen verteilt, das alles zu den
Klängen tausender gleichzeitig aufgezogener Spieluhren.
Otaru soll für einige Glasbläsereien bekannt sein, so reihte sich neben dem Music Box Museum ein Laden nach dem anderen vollgepackt mit kleinen Tierchen, Schalen und Gläsern, kunstvoll aus Glas
gefertigt.
Nach einer kleinen Stärkung in einem winzigen Imbiss, der gerade so Platz für vier Sessel hinter der Küche bot, machte ich mich allmählich wieder auf den Heimweg. Für weitere Eindrücke lasse ich
heute einfach zahlreiche Bilder, sowie das übliche kurze Video sprechen.
Kein Tag ohne Brett?
Am frühen Nachmittag im Hostel angekommen ging es, wie mittlerweile jeden Tag, ans schneiden des Videos und ich behielt dabei aus dem Augenwinkel die aktuelle Wettersituation der umliegenden
Gebiete im Auge.
Für Otaru wurde eine klare Nacht vorausgesagt. Die Versuchung, die notdürftig modifizierte Bindung einem kleinen Härtetest zu unterziehen, war dabei fast zu verlockend. Gut, dass nur wenige
Kilometer entfernt eine Seilbahn auf den Mt. Tengu gibt, die ab 16:00 mit Flutlicht ausgeleuchtet ist. "Die flachen Pisten sollten für etwas Carving ganz spaßig sein und die Aussicht ließe sich
sicherlich gut mit der Kamera festhalten", schoss mir durch den Kopf, ich startete den Video-Upload und packte die Sachen. Keine fünfzehn Minuten später stand ich bereits in der Gondel auf den
Weg nach oben. Von der Bergstation aus führte ein weiterer Einzelsessellift einige Meter weiter hinauf. Eine spannende Erfahrung, der Lift besteht tatsächlich nur aus einer spärlichen
Sitzbank ohne Rück- oder Seitenhalt. Etwas hilflos riss er einem beim Zustieg die Füße unterm Boden weg und schon schaukelte es sich nach oben.
Wie auch in Teine ist dieser obere Teil wahnsinnig flach, steigert sich dann aber doch bis auf beinahe rote Verhältnisse. Das Schöne diesmal war, dass es sich hier scheinbar wirklich nur um einen Haus- und Hofhügel handelt. Die Liftanlagen waren seit neun Uhr morgens durchgehend in Betrieb, trotzdem fanden sich unweit der Piste unverspurte Areale. Ob das mit dem strikten Freerideverbot zusammenhing war für mich nebensächlich, ich hatte meinen Spaß im gut ausgeleuchteten Wald.
Während eines Zwischenstopps am Parkplatz, eigentlich um die Kamera und Stativ einzupacken, kam ich, wie sich kurze Zeit später herausstellte, mit einem Schweizer ins Gespräch, der die
Flutlichtanlage bei der Durchreise aus der Ferne entdeckte. Nach kurzem Smalltak stellte sich heraus, dass wir auch genauso gut auf Deutsch sprechen konnten, hatte ja keiner ahnen können mal
nicht auf einen Australier zu treffen...
Der Geselle ist auf alle Fälle ordentlich abenteuerlich unterwegs, bastelt in Mexiko gerade an einem Boot und flog aus Sehnsucht nach Schnee kurzerhand für einen mehrwöchigen Trip nach
Japan! An dieser Stelle Grüße an Dich, sofern Du meiner Einladung folgst und mitließt! ;-)
Gemeinsam ging es wieder den Berg rauf. Aus der Gondel aus spekulierten wir auf einen Hang links, außerhalb des Skigebiets, der aus der Ferne unverspurt und leicht zugänglich schien. Etwas
Streulicht der Flutlichtanlage brachte das überzeugende Argument es einfach mal zu riskieren.
Vorsichtig schlichen wir uns an der Bergstation vorbei in Richtung einiger Schneeskulpturen, die als beliebte Fotomotive für Besucher ohne sportliche Absichten dienten. Zaghaft erkundeten
wir den Hang um festzustellen, dass die Bedingungen gar nicht mal so schlecht waren. Zwar war die Sicht aufgrund von Lichtmangel eher eingeschränkt, doch allmählich machte sich das fluffige
Gefühl von Powder unterm Brett breit.
Verdammt nochmal, powdern bei Nacht, zwar wiederum nicht meterhoch, aber wer hätte damit gerechnet.
Die emotionale Berg- und Talfahrt erreichte einen weiteren Höhepunkt. Das dämmrige Licht, einige Zentimeter Pulverschnee und die beleuchtete Stadt zu unseren Füßen - EINMALIG!
Wir hielten uns eher links um den Zugang zurück zum Skigebiet möglichst nicht zu versäumen. Schräg durch den Wald konnte mit Schwung ein kleiner Fluss überwunden werden und schon standen wir vor
der Talstation.
Für den zweiten Run holte sich der schweizer Kollege, der mal als DJ unter dem Pseudonym John Player unterwegs war, die Stirnlampe aus dem Auto.
Oben angekommen erleichterte das zusätzliche Licht seine, aber auch meine Line, da er mir netterweise während kurzer Zwischenstopps immer wieder entgegenleuchtete. Fettes Danke an
dieser Stelle! ;-)
Wieder im Tal angekommen entschloss ich mich die Sachen zu packen und mich zu verabschieden. Zwar waren die Abfahrten in beinahe völliger Dunkelheit grandios, dennoch machte sich der lange Tag
allmählich bemerkbar und ich wollte nicht bis zum Äußersten gehen. Für eine letzte Fahrt tauschte ich das Board gegen Kamera und Motiv und nutzte die Chance ein paar Erinnerungen zu schießen,
denn leider entschloss sich die GoPro aus Akkumangel auch sich vorzeitig zu verabschieden und schaltete sich während der ersten Abfahrt nach Ankunft ab. Für ein kleines Video reichte es
glücklicherweise trotzdem.
Nach kurzem Zwischenstopp beim Gemischtwarenladen, CocaCola mit Pfirsich und Popcorn in diversen Geschmacksrichtungen sowie einer Schachtel Maki, gefüllt mit halbvergammelten Sojabohnen (kein
Scherz, in Japan eine Spezialität - Nattō), bin ich nun allmählich reif fürs Bett. Für den morgigen Tag bin ich noch etwas unschlüssig. Es würde sich eine kurze Tour in der Umgebung von
Otaru anbieten, aber auch auf den Mt. Tengu sollen einige Routen fernab des Skigebiets führen. Eventuell lässt sich die Sache kombinieren und ich lande abends wieder im Skigebiet? - Wir werden
sehen!
Für die Nacht vom 30. zum 31. soll sich etwas Neuschnee für Rusutsu ankündigen, ich denke, das Risiko werde ich in Kauf nehmen und einen Abstecher in den Süden wagen.
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