Wie angedroht blieb die Nacht wolkenlos und niederschlagsfrei. Morgens um sechs zeigte der Wetterbericht leichten Sonnenschein und Böen mit max 25km/h bis zur Mittagszeit und somit perfekte Bedingungen für mein kleines Alternativprogramm.
Bereits während der Planungsphase vor einigen Wochen stieß ich auf eine kurze Tour in der Otarugegend, wie sich herausstellte lediglich fünfzehn Minuten mit dem Auto vom Hostel entfernt.
Der Mt Shioya-Maruyama sollte ein beliebtes Ziel für Wanderer im Sommer sein, scheint aber als Wintertour mit rund 500hm kaum wo auf. Meine Quelle zur Tour: Hokkaidowings. Der Parkplatz des Bahnsteigs in Shioya diente als Ausgangspunkt.
Weg von der Straße, rein in den Wald
Vom Parkplatz aus durften die Bretter erstmal geschultert und über die Hauptstraße den Ort hinauf, bis zum Ende der geräumten Straße getragen werden.
Ab da konnte man entspannt einer gut etablierten Aufstiegsspur folgen. Quer durch den Wald, über einen kleinen Bach, steigerte sich allmählich das Gefälle. Es war an der Zeit die Steighilfen
auszuklappen und bewusst den richtigen Ski zu belasten, um bloß nicht rückwärts im Bach zu landen.
Wie alles hier, ist auch dieser Berg mit 629 Metern durchaus überschaubar. Trotzdem lag ausreichend Schnee weit und breit, welcher durch Temperaturen um den Gefrierpunkt zwar etwas weich war, aber absolut tolerierbare Bedingungen bot. So war auch die Baumgrenze nach der ersten Stunde erreicht, strahlender Sonnenschein verbreitete sich übers Feld und im Hintergrund konnte man bereits die Küste Otarus bis übers andere Ende der Bucht hinaus bewundern.
Einige Schritte später begrüßte einen ein kleines Schildchen auf dem 629m zu lesen und somit das Ziel der "Hochtour" erreicht war.
Ab durchs Gemüse
Richtung Osten konnte man bereits die angekündigte Schlechtwetterfront erkennen. Bei steigenden Windböen hieß es keine Zeit zu verlieren und die gute Sicht für die Abfahrt noch auszunutzen.
Die Felle verschwanden im Rucksack und das einst durch Magie geteilte Brett wuchs von Zauberhand wieder zusammen.
Das oberste Teilstück war geprägt durch Böen der Vortage windgepresst, ließ sich trotzdem gut durchqueren. Mit den ersten Sträuchern und Büschen lockerte sich allmählich die Schneedecke und man konnte einige Zentimeter Pulverschnee durchpflügen. Der Hang war trotz der dominanten Aufstiegsspur kaum befahren. Einige Einheimische, die mir begegneten, legten die Tour entweder mit Schneeschuhen zurück, oder fuhren mit Skiern der Aufstiegsspur entlang wieder gemütlich ins Tal ab.
Die Route führte in einem leichten Bogen im Uhrzeigersinn den Berg hinauf. Natürlich verlor ich etwas die Orientierung, hielt mich während der Abfahrt nicht ausreichend links und landete somit etwas außerhalb und tiefer als geplant beim Flussbett. Das Board als Eispickel missbraucht konnte die andere Seite des Flusses, der überwiegend von einer Schneewand umschlossen war, glücklicherweise ohne gröbere Schäden erreicht werden und ich stapfte eine Weile der beinahe ebenen Fläche entlang bis zur Aufstiegsspur. Ab da konnte man mit angeschnalltem Brett im Schneckentempo das letzte Stück zur Straße rutschen, immerhin besser als laufen ;-)
Da die Straße zwar geräumt, trotzdem mit einer dünnen Schnee- bzw. Eisschicht bedeckt war, fiel die zu schleppende Teilstrecke in die andere Richtung nun bedeutend kürzer aus und so fand ich mich kurze Zeit später am Parkplatz wieder.
Es war auf alle Fälle ein gelungener Vormittag und mit Sicherheit weitaus entspannter als die letzten Fetzen Neuschnee in einem der umliegenden Skigebiete zusammenzukratzen.
Soba zum Abendbrot
Zwar läuft die Verpflegung über 7/11 und andere Kleinläden äußerst effizient und günstig, allerdings ist es auch alles andere als abwechslungsreich.
Es wurde mal wieder höchste Zeit etwas Lokales zu suchen. Das Internet verrät, dass sich in der Nähe ein traditionelles Restaurant mit zahlreichen Soba-Spezialitäten, eine japanische
Buchweizen-Nudelart, befinden soll. Der Wegpunkt war gesetzt und ich latschte los.
Das Restaurant versteckt sich in einem älteren Haus, von außen deuten Kanjis darauf hin, dass hier vermutlich irgendwas sein könnte. Nach einem Vorhang gefolgt von einer Schiebetüre ging es
nochmals durch einen Vorhang, der wiederum an einer weiteren Schiebetüre befestigt war. Nach der Aufnahmeprüfung, Schiebetüren können ihre Tücken beherbergen, stand man mitten im Restaurant.
Geteilt in Raucher- und Nichtraucherbereich standen herkömmliche Tische oder Podeste mit niedrigen Tischen und Sitzkissen zur Wahl.
Auch wenn es von außen nicht im Geringsten danach aussah, ist man hier bestens auf Nicht-Japaner vorbereitet ( englische Speisekarten, Kennzeichnungen der Inhaltsstoffe). Auch wenn das Konzept
von beispielsweise vegetarisch/vegan hier noch nicht ganz durchgedrungen ist und auch einige Gerichte fälschlicherweise als solche gekennzeichnet werden, war es trotzdem eine erfrischende
Abwechslung.
Ich entschied mich für die absolute Basisvariante, Kaki-Soba, welche rein optisch einer Nudelsuppe sehr nahe kam. Mit dem Getränk wurde ein auf einer Schale abgelegtes feuchtwarmes Handtuch
gebracht. Dies ist in Restaurants hier weiterverbreitet und dient zum Säubern der Hände vor Mahlzeiten.
Kurze Zeit später war auch das Hauptgericht bereits servierfertig, dieses kam sogar mit einer Anleitung zum richtigen Verzehr, speziell mit der kalten Variante, von Soba.
Gut gestärkt wurde abschließend eine Kanne mit passendem Tässchen zu Tisch gebracht. Da ich weder Tee geordert, noch erwartet hätte, war ich kurzzeitig etwas verwundert, bis eine weitere
Anleitung herbeiflatterte.
Wie sich herausstellte, beinhaltete die Kanne das Wasser, in dem die Nudeln gekocht wurden. Dies solle man nach der Mahlzeit abschließend trinken. Die Anleitung versprach, dass es in irgendeiner
Weise sinnvoll sein könnte? ;-)
Wieder eine Erfahrung reicher wird's Zeit fürs Bett. Rusutsu soll über Nacht 16cm Neuschnee abbekommen, was Gerüchten zu Folge auch gerne mal mehr sein kann. Somit habe ich für den morgigen Tag an der Talstation eine Verabredung mit meiner Bekanntschaft von gestern Nacht ;-)
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