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Japow 2019 Teil 26 - Schlussworte

Seit meinem Japantrip sind nun bereits einige Tage vergangen, ich hatte etwas Zeit mich wieder in meinen Alltag einzufinden und die Gedanken und Eindrucke zu sortieren. 

 

Für mich war es die erste längere und weite Reise völlig im Alleingang und somit auch mit Sicherheit eine kleine Ausnahmesituation. Geprägt durch meine Recherche trat ich den Trip Wintersport-technisch auf alle Fälle mit viel zu hohen Erwartungen an. Man stolpert im Netz mittlerweile über wahnsinnig viel Material, Berichte, Bilder und Videos, die dem wandelnden Freeriderherz das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Was oftmals verschwiegen wird ist, dass diese Aufnahmen oft einen bitteren Beigeschmack und einen Hauch von "Fake it until you make it" versprühen. Wenn man neben Schnee aber auch etwas Kultur sehen möchte, gibt es meinerseits eine klare Reiseempfehlung. Meine Sichtweise auf Japan wurde nicht getrübt, jedoch definitiv verändert!  


Das weiße Gold und Bretter, die die Welt bedeuten.

Immer der Reihe nach! Wie bereits in dem ein oder andren Part zuvor erwähnt, formieren sich meine anschließenden Worte absolut in Richtung meckern auf hohem Niveau. 

 

Mittlerweile weiß ich, dass mein gewählter Zeitraum auf Hokkaido mit ungewöhnlich vielen Sonnentagen und tendenziell weniger Niederschlag in den Tagen und Wochen zuvor zu einer der schlechteren Wintersaisonen zählte. Keine Frage, man findet problemlos die Spots, bei denen der Atem stockt, da Schnee links und rechts vorbei, einiges davon aber auch im Gesicht landet, die Wege dort hin und wieder zurück sind allerdings oftmals mühselig und heiß begehrt. Wenn man die Tourenmöglichkeiten außer Acht lässt und sich auf Skigebiete fokussieren möchte, darf man sich auf Bedingungen wie in den Zentralalpen freuen. Der frühe Vogel fängt die Line und bis zum Brunch ist der Spaß in Grund und Boden gefahren. Wie soll es anders sein, es herrscht Angebot und Nachfrage. Die zahlreichen Werbekampagnen australischer und europäischer Anbieter, sowie die dominante Socialmedia-Präsenz vermeintlicher Geheimtipps, spielen dieser Situation natürlich in die Hände. Die Skigebiete an sicht unterscheiden sich bis auf wenige sicherheitsrelevante Eigenheiten kaum vom Gewohnten. Spannend zu beobachten war für mich, dass man oftmals jegliche Sicherheitsvorrichtungen wie Bügel an Sesselliften vermisst und so anfangs etwas unbehaglich einige Meter über Grund dem Gipfel emporschwebte. Auch bei der lokalen Bevölkerung, egal ob Kleinkinder, Jugendliche oder Erwachsene, werden in den seltensten Fällen Helme getragen.

 

Ich möchte mit diesen Worten absolut niemanden Abhalten oder gar Abschrecken, durchaus aber anmerken, dass man die Reiseplanung mit gedämpften Erwartungen antreten sollte. Im Zweifelsfall freut man sich in genialen Situationen umso mehr ohne über die Reisedauer hinweg den Beigeschmack von "da hätte eigentlich mehr drin sein können" mitzuschleifen und im äußersten Fall gefühlstechnisch sogar auf die Schnauze zu fallen.

 

Es sei gesagt, dass mit etwas Motivation auch mal bergauf zu laufen, Hokkaido eine atemberaubend schöne und vielseitige Möglichkeit an Tourenoptionen bietet. In meinen Augen liegt genau hier die Magie des besinnlichen Powder-Wahnsinns. 

 

Um möglichst viele Eindrücke sammeln zu können, war ich über zehn Tage hinweg täglich in einem anderen Areal, einem anderen Skigebiet oder Tourenausgangspunkt unterwegs. Dies war zwar zeitweise auch mal etwas stressig, hilft mir nun aber unheimlich für den nächsten Aufenthalt meinen Fokus auf einige wenige Gebiete zu legen und diese in vollen Zügen ausreizen zu können! 


Eine gespaltene Gesellschaft

Ich zähle mit Sicherheit nicht zu den typischen Japantouristen, habe mich im Vorfeld nicht jahrelang mit kulturellen Eigenheiten befasst, kann mit Mangas und Co. absolut nichts anfangen, bin aber stets offen für Neues und habe mit bestem Wissen und Gewissen versucht, mich auf Allfälliges vorzubereiten.

Auch wenn mir der Kult nicht gerade nahegeht, darf ich mich doch als Fan japanischer Technologien, dem Streben nach Perfektionismus und der wahnsinnig hohen Qualitätsansprüche so mancher Produkte outen.

 

Völlig nüchtern und subjektiv betrachtet, hat sich mein kultureller Eindruck durch Erfahrungen hautnah nicht verschlechtert, aber auf alle Fälle verändert. Als ich durch die Straßen von Sapporo und Otaru schlenderte, in so manchem Restaurant kläglich am Versuch etwas fleisch- oder fischloses zu ergattern scheiterte oder auch wissentlich die Körperbemalungsregeln einiger Onsen missachtete, prägte sich ein spannendes Bild.

 

Die Etiquette, Respekt gegenüber Mitbürgern, empfinden für Sauberkeit und Höflichkeit, schien nicht von dieser Welt. Dennoch war es schwer zu ignorieren, dass dieses gesellschaftliche Verhalten nicht primär erzwungen, jedoch unterbewusst gesteuert wirkte. Stets begleitete einen das Gefühl, dass Verhaltensmuster, sei es der überaus nette und zuvorkommende Kontakt in Supermärkten, Hotels oder auch mit Personen auf der Straße, wie auch die Wahrung persönlichen Freiraumes mit einer gewissen Erwartungshaltung gekoppelt waren. 

 

Das Bild, das sich in mir prägte ist sehr schwer in Worte zu fassen und kann, ohne jemals vor Ort gewesen zu sein vermutlich auch schwer vorstellbar sein. Jedoch lässt es mich Zusammenhänge wie verstörende Parallelgesellschaften, Stundenhotels, Hentai und mehrstöckige Patchinkohallen, gekoppelt mit  einem überdurchschnittlich starken Leistungsdruck von außen und an sich selbst, in Kombination mit der hohen Selbstmordrate viel leichter nachvollziehen. 

 

Einerseits hat man Toiletten, Elektronikgeräte und Fahrzeuge, die wirken, als stammen sie aus fernen Galaxien, andererseits produzierte ich ungewollt so viel Plastikmüll wie noch nie und hatte deutliche Schwierigkeiten einer ausgewogenen und gesunden Ernährung gerecht zu werden. Wenn man den Blick etwas erweitert, auch mal ländliche Gegenden durchkreuzt, sind baufällige Häuser, kreative Elektro- und Wasserinstallationen kein Einzelfall, und bittere Armut nur schwer zu verbergen.  

 


Was hat der Spaß nun gekostet?!

Wie in meinem Eingangspost bereits erwähnt, verwarf ich Pläne, mich einer Reisegruppe anzuschließen und mich durch die bekannten Resorts der Nation schleifen zu lassen, nicht zuletzt aufgrund der vermeintlich erheblichen Mehrkosten recht schnell wieder. 

 

Um einen möglichst einfachen Vergleich auf die Beine zu stellen, versuchte ich im Vorfeld und auch während der Reise alle anfallenden Kosten bestmöglich zu dokumentieren und zu kategorisieren, wodurch sich folgende Konstellation ergab:

 

FLUG: €702.-

PARKPLATZ (München Flughafen): €70.-

UNTERKÜNFTE: 67386 Yen (€539.-)

VERSICHERUNG: €75.- (Jahrespauschale)

LEIHWAGEN: 96000 Yen (€770.-)

LIFTTICKETS: 30900 Yen (€247.-)

MAUT: 4360 Yen (€35.-)

INTERNET: €75.-

SPRIT: 9550 Yen (€77.-)

ESSEN (Restaurant): 8300 Yen (€67.-)

SONSTIGES (Snacks und Kleinigkeiten): 18660 Yen (€149.-)

ZUG: 3500 Yen (€28.-)

TAXI (Flughafen): 1500 Yen (€12.-)

MITBRINGSEL: 6440 Yen (€52.-)

 

All in all und wenn ich mich nicht vollkommen verrechnet habe, kostete mich der zweiwöchige Trip somit knapp €2900.- wobei anzumerken ist, dass sich die Kosten von Unterkunft und Leihwagen, etc. schnell halbieren, wenn man die Reise nicht im Alleingang antritt. Wenn man diese Summen entsprechend berücksichtigt und mit so manchem ein- bis  zweiwöchigem Pauschalangebot vergleicht, wird schnell deutlich, dass durch etwas Planung im Vorfeld, eine individuelle Reise deutlich die preiswertere Option ist und in meinen Augen mehr Freiheiten, Abenteuer und tiefere Einblicke in das Land gewährt. 


Danke!

Abschließend bleibt zu sagen, dass ich eine solche Reise wirklich jedem ans Herz legen kann. Auch mit einigen kleinen und größeren Hürden und Enttäuschungen war der Trip auf die verschneite Insel Japans eine wahnsinnige Bereicherung für Körper und Seele. 

 

Ich möchte mich bei allen, die mich während dieser Zeit unterstützt und verfolgt haben herzlichst bedanken und hoffe, auch etwas Unterhaltung in den tristen Alltag gebracht zu haben.
Ein besonderes Dankeschön geht noch an Christian, den mexikanischen Hausbootbesitzer aus der Schweiz, der mich spontan ein paar Tage begleitete.

 

Es soll definitiv nicht mein letzter Japanaufenthalt gewesen sein, in naher und ferner Zukunft stehen aber erstmal Gebiete in und um Norwegen, Georgien und Kirgistan am Plan!

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Vanessa (Sonntag, 17 Februar 2019 08:37)

    Hi, ich find super das es alleine gemacht hast und so teuer find ich es jetzt auch nicht...das nächste mal geht deine Reise vielleicht in die Richtung Sommer �da kann ich dir einige Tipps geben! Ich freu mich wenn mal zu uns kommst! LG Vanessa